Der Profiler

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Andi Gahleitner unterstützt und entlastet als Analyst und Co-Trainer unser Betreuerteam. Er ist der Profiler im Trainerstab und war in dieser Funktion auch bereits für das ÖFB-U21- und A-Nationalteam im Einsatz. Doch was macht eigentlich ein Spielanalyst? Welche Rolle spielen digitale Tools bei dieser Arbeit und was hat das alles mit Leicester City zu tun?

2016 schrieb Leicester City Geschichte, nicht nur weil sie das erste mal englischer Meister wurden, nicht nur weil beim kollektiven Hüpfen und Jubeln im Stadion deutliche Ausschläge bei örtlichen Seismographen zu verzeichnen waren, sondern auch weil Leicesters Triumph von Analysten entscheidend mitunterstützt wurde. „Leicester hatte damals bereits acht haupt- und drei nebenberufliche Analysten. Zu einer Zeit, in der es in Österreich keinen einzigen Vollzeit-Analysten gab“, schildert Andi Gahleitner, der beim Stadtklub diese Aufgabe neben seiner Co-Trainer Tätigkeit übernimmt. Doch was macht er da genau? „Eine meiner Hauptaufgaben ist es, mich intensiv mit dem Gegner auseinanderzusetzen. Ich analysiere den Gegner, so dass wir gezielt auf diese Spielweise vorbereiten können. Was machen sie gegen den Ball? Wie bauen sie ihr Spiel auf? Wie schaut ihr Umschaltspiel aus? Diese Erkenntnisse fließen dann auch in den Matchplan ein.“ Die Spieler bekommen so eine Idee was sie erwartet und es werden Lösungen für gewisse Spielsituationen angeboten. Der Matchplan bleibt dabei flexibel, etwa wenn der Gegner mit einer anderen Formation oder Aufstellung spielt. Man kann nie zu 100 % voraussagen, was passieren wird. Während dem Spiel kann Andi mit einer App im Spielvideo Zeitstempel setzen und so zeitnah eine Spielanalyse erstellen. „Die Nachbereitung ist dabei ebenso wichtig. Wir schauen uns zwei bis drei Tage später mit der Mannschaft das Spiel noch einmal an und diskutieren ausgewählte Szenen im Detail. Das ist wichtig für die Weiterentwicklung der Spieler bzw. der Mannschaftstaktik.“ 

Wissen, wie der Seidl läuft

Der studierte Sportwissenschaftler und Inhaber der UEFA-A-Lizenz stellt dieses Know-how auch dem U21- und A-Nationalteam zur Verfügung. Neben dem Blau-Weiß Engagement ist der 40-jährige nach wie vor beim ÖFB tätig, aktuell in der Rolle des Co-Trainers bei der U21. Know-how, das immer stärker etwas mit Daten zu tun hat. So hilft ein Trackingsystem die Laufwege und Sprints zu analysieren. „Wir werden bald ein neues System bekommen, bei dem wir noch genauer sagen können, wie viele Sprints etwa Matthias Seidl macht. Die gesamte Laufleistung ist dabei nicht so entscheidend, sondern vielmehr die Sprints und Läufe im höchsten Tempo. Diese sind für unser Spiel extrem wichtig. Die verschiedenen Intensitäten können damit detailliert erhoben werden.“ Zusätzlich können über Daten-Plattformen, wie etwa Wyscout, eine Vielzahl an Werten verarbeitet werden. Diese geben genaue Kenntnis darüber, etwa wie effektiv das Pressing ist, wie viele Pässe zugelassen werden und wie der Spielaufbau gelingt. „Der PPDA-Wert spiegelt die Anzahl der Pässe des Gegners wider, bis wir den Ball erobern. Je niedriger dieser Pressing-Wert, desto erfolgreicher ist unsere Arbeit gegen den Ball.“ Andi schaut sich mit dem Trainerstab diese Daten beim Gegner und beim eigenen Team an. „Wir kennen die gegnerischen Spieler mit den besten Zweikampfquoten, oder der schlechtesten Kopfballquote. Wir kennen also die genauen Profile des Gegners und geben das bei markanten Beispielen der Mannschaft weiter.“ 

Mit digitalen Tools den Gegnern auf der Spur

Dabei unterstützen digitale Tools, mit denen man das Videobild veredeln kann. Man kann beispielsweise Abstände messen, Formationen einzeichnen, oder Laufwege markieren. „Ziel ist es unsere Mannschaft bestmöglich vorzubereiten und weiterzuentwickeln.“ Doch das klappt nur, wenn die Spieler dieses Feedback auch aufnehmen und verinnerlichen. „Es hängt stark vom Charakter der Mannschaft ab und wie wichtig es ihnen selbst ist, die Erkenntnisse umzusetzen. Wenn ein Spieler schon satt ist, kann man ihn nicht weiterentwickeln und er bremst damit die ganze Mannschaft. Wir haben aber viele starke Charaktere und ein geiles Team, deshalb funktioniert das bei Blau-Weiß richtig gut.“ Andi entlastet damit auch Gerald Scheiblehner und Ernö Doma, die sich früher auch um die Analyse gekümmert haben. „Ernö kann jetzt wieder mehr Energie für die Standards und die zweite Mannschaft investieren, und Scheibi ist ebenso entlastet. Er kann sich jetzt zu 100 % auf seine Aufgaben als Cheftrainer konzentrieren.“ Bleibt nur noch eine letzte Frage: Kann man als Analyst ein Fußballspiel eigentlich noch genießen oder sieht man nicht hunderte Dinge, die normale Fußballfans nie bemerken würden? „In einem TV-Spiel sieht man durch den kleinen Bildausschnitt vieles nicht, deshalb lasse ich mich da schon mal auch gern berieseln. Unsere Analysevideos werden aus einer weiteren Perspektive gefilmt, weil wir stets alle Feldspieler draufhaben wollen. Das wäre für viele Fans vor dem TV aber nicht attraktiv.“