Blau-Weißer Jahresrückblick – Teil 2

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Haben wir uns im ersten Teil des Jahresrückblicks 2020 noch rein sportlichen Belangen gewidmet, liegt nun der Fokus im zweiten Teil auf den wirtschaftlichen bzw. infrastrukturtechnischen Parametern beim Stahlstadtklub. Wir haben dazu ein ausführliches Gespräch mit Stefan Reiter geführt:

Stefan, du hast im November 2019, also vor gut einem Jahr, das Projekt Blau-Weiß Linz in Angriff genommen. Wie sieht nun dein ganz persönlicher Jahresrückblick aus:

„Es war vom ersten Tag an eine unglaublich spannende und turbulente Zeit zugleich. Gleich zu Beginn meines Arbeitsantritts waren wir mit einem wirtschaftlichen Blackout konfrontiert, der uns zu unmittelbaren Handlungen gezwungen hatte. Vieles war im Unklaren, das Schiff war richtigem Wellengang ausgesetzt aber mit Hilfe unserer Partner ist es uns gelungen, wieder einigermaßen Stabilität zurückzuerlangen.“

„Wir haben uns aber darüber gar nicht wirklich freuen können, denn auf einmal waren wir mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert und da muss ich ehrlich sagen – da hatten wir alle gemeinsam mehr als eine weitere schlaflose Nacht. Niemand hat zu Zeiten des ersten Lockdowns gewusst, wie und ob es überhaupt weitergeht. Es war wirtschaftlich betrachtet erneut eine echte Herkulesaufgabe die Räder am Laufen zu halten und mit Hilfe der öffentlichen Hand und eines Rettungsschirms haben wir auch das geschafft.“

„Als die Sportplätze dann wieder geöffnet wurden war mir klar, dass eine Fortführung des Spielbetriebs – wohlgemerkt ohne Zuschauer – eine deutliche Mehrbelastung für uns alle darstellen würde. Aber auch in diesem Fall haben wir die Situation mit Hilfe der öffentlichen Hand durchtaucht. Sportlich finde ich, haben wir trotz aller Widrigkeiten einen positiven Saisonabschluss geschafft und in der kurzen Zeit im Sommer ist es uns gelungen, dass wir den Verein in vielen Bereichen sehr positiv neu aufstellen konnten.“

„Obwohl es für den Herbst dann kurzfristig nicht so schlecht ausgesehen hatte, war die Situation letztendlich erneut so, dass wir wieder ohne Zuschauer auskommen mussten. Wir haben aber auch diese Phase wirtschaftlich gut überstanden, allerdings ist schon angemerkt, dass das längerfristige Spielen ohne Zuschauer für viele Sponsoren einfach dann nicht mehr interessant ist. Ich mache mir natürlich auch um die Fans sorgen. Die Gefahr ist natürlich groß, dass sich der ein oder andere dann andere Hobbys sucht und dem Fußball abhandenkommt.“

„Abschließend bin ich mit dem Jahresausklang 2020 sehr zufrieden. Wir haben sowohl in der Geschäftsstelle, im Betreuerstab, als auch auf dem Spielfeld eine hervorragende Truppe etabliert. Der Tabellenplatz gibt natürlich der sportlichen Entwicklung absolut recht.“

… über die Themen der Infrastruktur:

„Mit der positivste Moment im heurigen Jahr war für uns alle die endgültige Zusicherung und Bekanntgabe des neuen Donauparkstadions, welches bis Mitte 2023 fertiggestellt sein wird. Das hat aber natürlich große Auswirkungen auf uns. Das Linzer Stadion wird abgerissen und geht damit die Situation einher, dass wir kurzfristig für die nächsten rund zweieinhalb Jahre eine neue Heimstätte benötigen. Zusätzlich kommt dazu, dass wir ab Sommer 2021 das bestehende Donauparkstadion verlieren und das wiederum hat große Auswirkungen auf unseren Nachwuchs bzw. unsere zweite Mannschaft. Wir haben bis heute noch keine Alternative für dieses Problem geschaffen. Die Situation hinsichtlich Infrastruktur für unseren Nachwuchs ist daher absolut prekär und wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.“

… über unsere neue Spielstätte:

„Die Adaptierungsarbeiten auf der Verbandsanlage sind so gut wie abgeschlossen. Wir haben dort für die nächsten 2,5 Jahre eine taugliche Heimstätte für die 2. Liga zur Verfügung. Sofern wieder Zuschauer zugelassen sind, haben dort rund 2.000 Besucher Platz (davon ca. 500 Sitzplätze). Das Flutlicht entspricht mit 400 Lux bereits den Anforderungen und auch für einen ordnungsgemäßen Gästesektor wurde gesorgt.“

„Wir hoffen jetzt natürlich stark, dass wir im Frühjahr endlich wieder vor Zuschauer spielen können. Mit dieser tollen Mannschaft und dem gesamten Team im Hintergrund können wir auf einer kleinen Sportanlage gute Stimmung erzeugen und den sehr positiv eingeschlagenen sportlichen Weg weiterführen.“

… über den Ausblick auf 2021 und darüber hinaus.

„Wir haben aktuell drei Übersiedlungsprojekte am Laufen. All das ganze Equipment für den KM-Betrieb wurde bereits in die Verbandsanlage übersiedelt. Die Kampfmannschaft inkl. Betreuer wechseln in den Sportpark Lissfeld und die Geschäftsstelle Anfang Jänner in die Räumlichkeiten der Tabakfabrik. Wir sind damit über die gesamte Stadt aufgeteilt und das wird eine große Aufgabe, diese Situation so gut wie möglich zu meistern.“

„Zu den Gerüchten der vergangenen Wochen in Hinblick auf unseren Trainer bzw. Sportdirektor kann ich beruhigen. Es war mit der SV Ried akkordiert, dass es Gespräche zwischen dem Verein und unserem Trainer bzw. Sportdirektor gab. Wir haben aber ganz klar kommuniziert, dass beide langfristige Verträge haben. Darüber hinaus haben uns beide signalisiert, dass sie ihre Zukunft bei Blau-Weiß sehen und das bestätigt uns in unserer täglichen Arbeit.“

„Auch was den Spielersektor betrifft kann ich mitteilen, dass es aktuell keine Anfragen gibt. Ich gehe davon aus, dass wir mit diesem Kader auch in das Frühjahr gehen werden. Wir werden alles daran setzen, dass wir jetzt dann in den nächsten Wochen mit dem ein oder anderen Spieler den Vertrag vorzeitig verlängern werden.“

… über das Thema Sponsorensuche:

„Wir hatten schon im Sommer die Situation, dass viele Spieltagssponsoren aufgrund der fehlenden Zuschauer ihre Zusagen zurückgezogen haben. Wir sind jetzt aber in sehr guten Gesprächen mit neuen Sponsoren und hoffen, im Frühjahr einige davon an den Verein binden zu können. Die Lage am Markt hat sich durch einen gesteigerten Werbewert durch deutlich mehr TV-Zeit dahingehend positiv verändert.“

… persönliche Anmerkungen zum Abschluss:

„Ich habe ganz am Anfang meiner Tätigkeit bei Blau-Weiß schon ein paar Mal ziemlich tief durchgeschnauft und mich gefragt, warum ich mir das eigentlich alles antue. Jetzt, nach gut einem Jahr, mit der gesamten Unterstützung unserer Stakeholder und mit diesem fantastischen Team im Hintergrund bin ich wieder in die Spur gekommen. Ich sehe jetzt sehr viel Qualität auf und vor allem auch neben dem Platz. Der neue Vorstand, die Mitarbeiter der Geschäftsstelle, das gesamte Drumherum – alle ziehen an einem Strang und wollen etwas bewegen.“

„Nach wie vor finde ich das Verhältnis zwischen Sympathisanten im Verhältnis zu Stadionbesuchern sehr verblüffend. Es muss uns gelingen, diesen Kreis wieder zu schließen und vielleicht ist jetzt auch zu Beginn diese kleine Sportanlage in der Neuen Heimat eine Chance für uns da wieder anzusetzen und diese Leute – sofern es wieder erlaubt ist – zurück auf dem Fußballplatz zu bringen.“