„Blau-Weiß ist ein Weltverein.“

foto: volker weihbold  gerhard haderer

Fast wäre Gerhard Haderer Fußballer geworden, doch dazu waren Disziplin und Training nötig. Zeichnen ist für ihn weit weniger anstrengend. Wie unserer prominentes Kuratoriumsmitglied zum „V“ kam, warum Fußball bei ihm in der Familie liegt, weshalb er in Linz „seine Leute“ findet, und ob vielleicht ein „echter Haderer“ das neue Stadion zieren könnte? Antworten findet ihr hier.

222 Tore schoss Haderer für ASKÖ Leonding – Rekordtorschütze! Die Rede ist allerdings von Josef „Pepi“ Haderer, dem Bruder unseres Kuratoriumsmitglieds, Gerhard Haderer. „Damit ist mein Fußballbezug auch schon erzählt. Ich stand im Tor, mit 1,2 Meter Körpergröße, und der Pepi hat mich schwindelig geschossen. Dank mir hat er eine exzellente Schusstechnik entwickelt“, schmunzelt der heute 70-jährige Karikaturist. Übrigens: Jener ASKÖ Leonding, der auch die erste Station von Tino Wawra war. Auch Gerhard wäre fast zu größeren Fußballehren gekommen. „Mit 15 hat man mir erzählt, ich hätte Talent, doch ich habe gelernt, dass Fußballspielen auch etwas mit Disziplin und Training zu tun hat. Da Genie im Fußball eben nicht ohne Schwitzen auskommt, ist meine Karriere sofort versandet.“ Er tauschte Leder gegen Feder und arbeitete zuerst als Grafiker: „Was ich zutiefst ablehnte“, und wurde mit 30 als Karikaturist entdeckt. 25 Jahre lang lieferte er beißende Beiträge für profil, 25 Jahre lang war er für den „Stern“ tätig. In all den Jahren hat ihn der blau-weiße Fußball begleitet. Doch auch hier folgte ein „Umweg“.

Koksstierler als Auszeichnung

„Ich bin am Froschberg großgeworden. Die Gugl war mir da schon viel lieber als die Sprungschanzenkirche, also haben wir uns auf kreativen Schleichwegen immer Zutritt verschafft.“ Es begann eine kurze „dunkle Phase“ in seiner Biografie. „Es ist uns anfangs nichts anderes übriggeblieben als zum LASK zu gehen. Erst als dann die VOEST mit Fritz Ulmer und Herbert Rettensteiner kam – dem ich einmal ins Auto gefahren bin – und es Derbys gab, bin ich gekippt und wurde zum Koksstierler.“ Diese Bezeichnung war für Haderer übrigens nie ein Schimpfwort, sondern: „eine hohe Auszeichnung. Das war wie ein Orden.“ Selbst nach seiner Übersiedelung nach Salzburg, schaute er immer mal bei seinen VOESTlern vorbei, wenn er in Linz war, denn: „Dort sind meine Leut´ zuhause.“ Und auch er selbst kam wieder nach Hause. Salzburg langweilte ihn. „Wie ich weggezogen bin, war Linz eine dreckige, trostlose Stadt, da wollte ich flüchten.“ Umso lieber kam er wieder „heim“. „Es hat sich extrem viel getan in der Stadt. Linz hat den Charme einer leicht bürgerlich überzogenen Arbeiterstadt. Mein Vater war Arbeiter bei der Eisenbahn. Diese Leute verstehe ich intellektuell und vor allem emotional. Linz ist geradlinig, ehrlich und unverfälscht.“ 

„Linz ist ehrlich und unverfälscht“

Diese Liebe zur Stadt und zur Sprache findet sich in den MOFF-Heften wieder. Haderers „kleines Schundheftl“ ist eines seiner Lieblingsprojekte. Ob der „Pul mit der Nul“, „Fräun Babsi“ oder der „tlane Woifi“, fast alle seine Figuren findet er in sich selbst. „Sie sind ein Teil von mir. Jeder hat solche Anteile in sich.“ So wie der Fußball. Die Neugründung des „V“ hat ihn dabei besonders beeindruckt: „Da war so viel Herz und Leidenschaft dabei. Genau das ist es, was mich zum Blauweißen macht.“ Die Fusion war für ihn ein Zeichen, dass „das Geld Fußball zu spielen begonnen hat.“ Dieses Herz und diese Leidenschaft sieht er heute wieder und so war er sofort bereit, den Verein als Kuratoriumsmitglied zu unterstützen. „Es herrscht eine große Übereinstimmung im Kuratorium, etwa als Stefan Reiter geholt wurde, oder als fix war, dass unser neues Stadion nicht wie Klagenfurt oder ein sonstiges Missverständnis wird, sondern eine klare Proportion hat, und dass auch der Frauenfußball dort eine Heimat bekommen wird.“

Gerader Weg statt saftiger FIFA-Honorare

Die Kommerzialisierung des Fußballs ist dem Künstler seit jeher ein Dorn im Auge. Und das bewies er nicht zuletzt rund um die Fußball-WM 2006 in Deutschland. André Heller war für das Kulturprogramm zuständig und kontaktierte Haderer, ob er dazu nicht etwas beitragen wolle. „Ich hatte ein Poster wo etwa 200 Figuren von der Queen, über Karl Marx bis zur Wiener Hausmeisterin, alle mit einem Ball zu sehen waren. Das habe ich ihm geschickt.“ Es meldete sich die FIFA, hellauf begeistert von seiner Karikatur. Der Weltfußballverband wollte es als Key Visual einsetzen und damit eine Welttournee starten. Gerhard Haderer sollte diese Tour begleiten „Das hätte sich finanziell sehr ausgezahlt.“ Doch statt einer Zusage, gabs das Götz-Zitat. „Das war absolut nicht mein Ding. Ich lass mir mein Leben nicht abkaufen. Diese Absage hat sich gut angefühlt.“ Anstatt sich auf einem prall gefüllten Konto auszuruhen, blieb er engagiert, wie auch beim FC Blau-Weiß Linz. Und wer weiß, vielleicht wird ja ein „echter Haderer“ das neue Stadion zieren? „Ich bin sofort bereit, etwas beizutragen. Ich hau mich da rein, denn Blau-Weiß ist für mich ein Weltverein.“

Wordrap:

Welche Fußballer haben dich geprägt? „Diego Maradona, weil der nichts anderes als Fußball im Kopf hatte. Herbert Prohaska, Gerald Haider, aber auch Ewald Lienen als Trainer und natürlich Günther Netzer.“

Welchen Spielertyp magst du am liebsten? „Eben solche wie Günther Netzer, so richtige Krätzn. Krätzn ist da absolut positiv gemeint. Spieler mit Schmäh am und außerhalb des Platzes. Happel war auch so eine Krätzn.“

Gibt es Parallelen von Kultur und Fußball? „In der klassischen Wahrnehmung scheinen es immer Gegensätze zu sein. In der Programmierung des TV-Programms läuft auf einem Kanal Sport, auf den anderen Kultur. Dabei ist Kultur so umfassend, dass man sie nicht Künstlern überlassen soll. Sie ist eine höchst soziale Kategorie. Das Soziale ist ein Bruder dieser beiden Grundelemente und die Grenzen können dabei verschwimmen. Der Fußball konnte das schon immer.“